Nachdenkliches zum Jahreswechsel

Nachdenkliches zum Jahreswechsel

Es hat alles so schön begonnen 2019. Das Erzgebirge, genauer die Montanregion, schickt sich an Weltkulturerbe zu werden. Die Region erlangt dadurch internationale und europäische Anerkennung. Man schaut bewundernd auf die Erzgebirger. Man könnte sagen, auf die Region der Tüftler und Denker.

Selbstverständlich weiß jeder, dass das Königreich Sachsen durch seinen Silberbergbau zu Wohlstand gelangte. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Viel wichtiger, als das Silber selbst, war der damit verbundene technologische Fortschritt. Denn was im Bergbau funktioniert, funktioniert auch über Tage.

Für mich liegt die Wiege der deutschen Ingenieurskunst in der Montanregion. Hier wurde auch der freie Bergmann etabliert, Keimzelle des deutschen Mittelstandes. Und mit der Knappschaft wurde gleichfalls die Grundlage für ein Sozial- und Rechtssystem etabliert. Übrigens was wären die heutigen Finanzämter ohne die Grundlagenforschung eines Adam Ries.

Der klassische Erzgebirger ist obrigkeitskritisch – „über uns nur noch der liebe Gott“. Auch das setzt Kräfte frei. Stülpner, Karl könnte dafür ein Sinnbild sein. Selbst der Kurfürst konnte ihn für sein Tun nachträglich nur begnadigen.

Deshalb finde ich es auch nicht verwunderlich, dass der Unmut über die Corona-Maßnahmen im Erzgebirge besonders groß ist und ehrlich, auch für mich ist da nicht alles logisch. Gerade wenn man im Mehrländereck wohnt und ein Dorfbach entscheidet darüber, ob man Skifahren darf oder nicht oder ob man ein Lokal auch nach 20 Uhr verlassen darf.

Richtig, das muss man diskutieren, verdeutlichen und kritisieren. Aber bitte machen wir das anständig, Polizisten attackieren (unter der Uniform ist da ein Erzgebirgsmensch), Coronaregeln offensiv brechen und Politiker physisch bedrängen. Das ist der falsche Weg.

Historisch verwurzelt und hochgradig innovativ, auf das freie Unternehmertum setzend ohne den sozialen Zusammenhalt zu vergessen. Das macht für mich das Erzgebirge aus. Deshalb bleibt so wie ihr seid. Bleibt kritisch, aber vor allem anständig. Helft mit, dass wieder schöne Bilder aus dem Erzgebirge um die Welt gehen.

Der Autor ist Mitglied des Europäischen Parlaments, absolvierte sein Agrarpraktikum, während des Studiums, in Drebach und hat enge verwandtschaftliche Beziehungen ins Erzgebirge.