Vaatz Jpg

Arnold Vaatz: "Wer soll künftig die CDU führen?"

Herr Gysi, mein Kolumnennachbar auf der linken Seite, meint – wenn ich ihn recht verstehe – die Union habe ihre Integrationsaufgabe nach rechts hin vernachlässigt. Auch wenn er sich dabei mehr um seine politische Existenzgrundlage, sein Feindbild, sorgen mag: Da hat er recht. Ohne den Marsch der CDU nach links und grün gäbe es keine zweistellige AfD. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird wohl wie Helmut Kohl in drei Jahren 16 Jahre regiert haben, denn die Scheu der SPD vor dem Selbstmord ist ein verlässlicher Leim der Koalition. Zwischen beiden Perioden gibt es einen Unterschied: Helmut Kohl hat stets gegen den kontinuierlich erbitterten Widerstand des deutschen Medientenors regiert. Zeit und Spiegel hassten ihn. Angela Merkel und ihre CDU sind stets dem Medientenor gefolgt. Zeit und Spiegel lieben sie. „Alternativlos“ war etwas dann, wenn sonst „Verhetzungspotential“ drohte, sprich: Krieg mit den Medien.

In beiden Perioden ist aber auch etwas konstant: Der Kammerton in den Fernsehredaktionen. Sie haben sich nach feudalen Regeln regeneriert und dem Land stetig ihre selbstherrliche und intolerante Parallelwelt ins Hirn gestampft. Zur Zeit fungieren sie meist als PR-Abteilungen der Grünen und Gender-Linken.

Die CDU muss nun entscheiden, ob künftig der Medien- Wind das Schiff lenken soll – oder ein Steuer. Will sie Letzteres, so muss sie wieder lernen, gegen den Wind zu kreuzen; seine Kraft nutzen ohne sich seiner Richtung zu fügen; aus dem grünen Delirium erwachen und mal „an der politischen Willensbildung mitwirken“.

Aber der Wind hat uns derweil ins Treibeis geweht: Die selbstreferenziellen Weltverbesserungssapparate sind entzaubert. Die Migration nimmt Fahrt auf. Unter dem Beifall von Putin und Trump sagt uns das Vereinigte Königreich adé. Osteuropa wendet sich von Brüssel ab. Unsere energiepolitische Geisterfahrt gefährdet Europa. Die Euro-Stabilitätskriterien sind weiter suspendiert, der Staatskonsum Lateineuropas eskaliert.

Friedrich Merz will das Schiff wieder in die freie See lenken. Wie es aussehen wird, wenn er das geschafft hat, wage ich mir zwar kaum vorzustellen. Aber ich traue es ihm zu. Als Einzigem. Ich hoffe: „Wir schaffen das!“. Oder will die CDU lieber weiter zwischen den Eisbergen hindümpeln? Bei 20 Prozent?